Bemerkungen zur Geochemie des Germaniums

Die Geochemie des Germaniums wird hauptsächlich durch den Clarke-Wert von 1,5 ppm, die Gleichförmigkeit der Ge-Gehalte in Gesteinen und das relativ seltene Auftreten von eigenen Mineralen charakterisiert. Das bekannteste Ge-Mineral ist Argyrodit Ag8GeS6, sein Auffinden in der Grube Himmelsfürst bei Freiberg führte 1886 zur Entdeckung des Germaniums durch Clemens Winkler.

 

Magmatite

Magmatische Gesteine verfügen über sehr gleichförmige Ge-Gehalte. Die Mittelwerte ultrabasischer, intermediärer und saurer Magmatite liegen allesamt im Bereich von 1 bis 1,5 ppm (Abb. 1). Magmatische Differentiationsprozesse führen demnach praktisch nicht zur Anreicherung von Germanium. Damit nimmt Ge eine Ausnahmestellung unter sämtlichen chemischen Elementen ein. Die Ursache dieses Sachverhaltes ist die Ähnlichkeit der Ionenradien von Si4+ und Ge4+, die sich im Kristallgitter diadoch vertreten können (Camouflage). Ge  wird im Kristallgitter von Quarz und Silikaten abgefangen und auf diese Weise werden Anreicherungs-Prozesse verhindert.

Für die Entstehung  der seltenen Ge-Minerale lassen sich aus dem Verhalten des Ge bei der magmatischen Kristallisationsdifferentiation keine Anhaltspunkte ableiten.

 

Sedimentite

Bei der Verwitterung wird ein Teil des Germaniums in die wasserlösliche Verbindung Ge(OH)4 überführt. Germanium wird zum Teil in gelöster Form und zum anderen als Schweb durch Flusswasser in das Meer transportiert. Dort werden Tiefseetone und schließlich Tonschiefer gebildet. Der mittlere Ge-Gehalt für Tonschiefer beträgt 1,6 ppm, Kalksteine enthalten 0,3ppm. Verwitterungs- und Sedimentationsprozesse haben auch keine nennenswerte Anreicherung von Ge zur Folge.

Lediglich örtlich kann es zu gewissen Anreicherungen von Ge kommen, wenn z.B. zirkulierende Ge-haltige wässrige Lösungen mit Kohleflözen reagieren. Dann kann es im Randbereich eines Kohlelagers in Folge Adsorption zur Abscheidung von Ge kommen. Diese Prozesse haben jedoch für die an dieser Stelle durchgeführten Betrachtungen keine Relevanz.

 

Metamorphite mit Ausnahme von Metasomatose

Wenn man Metamorphose auf hohe Temperaturen und hohen Druck reduziert, gibt es auch bei den Produkten der Metamorphose ganz ähnlich zu den Magmatiten keinerlei Anzeichen für die Anreicherung von Germanium. Auf metasomatische Prozesse wird unter Fluidite eingegangen.

 

Fluidite

Unter Fluiditen werden alle mineralischen Bildungen zusammengefasst, bei deren Entstehung Gasphasentransport bzw. CFT eine Rolle spielt (siehe auch  „Chemischer Fluida Transport CFT“ in dieser homepage und Schrön 2013).

Ge ist eins der wenigen Elemente, das sowohl mit HCl als auch mit HF mehrere gasförmige Verbindungen bildet, es reagiert mit HCl zu GeCl2 und GeCl4 und mit HF zu GeF2 und GeF4. Alle vier Verbindungen spielen bei der Mobilisierung und beim Transport von Germanium bei Naturprozessen eine Rolle. Die Stabilität und das Transportverhalten dieser Verbindungen unterscheiden sich erheblich. Im Ergebnis thermodynamischer Dominanzbetrachtungen sind GeCl4 und GeF4 im Niedrig-Temperaturbereich stabil, GeCl2 und GeF2 dagegen bei höheren Temperaturen (im Temperaturbereich basischer Magmen). Auf diese Weise kann in einem sehr breiten Temperaturbereich Ge als Halogenverbindung transportiert und für den Einbau als Spurenelement bereit gestellt werden. Das Hauptelement Silizium reagiert vorzugsweise mit HF zu SiF4, aber insbesondere nur im Niedrig-Temperaturbereich. Sobald in diesem Bereich Mineralbildung eintritt, kann es z.B. in Zusammenhang mit hydrothermalen Lösungstransport zur Abscheidung von Quarz mit Ge als Spurenelement kommen. Mit steigender Temperatur reduziert sich der Transport von SiF4 allmählich auf Null. Welche Konsequenzen das haben kann, soll an einem Beispiel aus dem Erzgebirge erläutert werden.

 

Zu den ältesten hydrothermalen Lagerstättengenerationen im Erzgebirge zählt die kb-Formation mit Quarz als Hauptgangart. Die Ge-Gehalte der in großen Mengen auftretenden kb-Quarze liegen im Bereich von 1 ppm. Die Paragenese der kb-Formation enthält keine Minerale, deren Mobilisierung und CFT hohe Temperaturen erforderlich macht.  Die wesentlich jüngeren, in geringeren Mengen auftretenden Quarze der fba-Formation mit erhöhten Ge-Gehalten um 11 ppm werden von Baryt BaSO4 und Fluorit CaF2 als Parageneseminerale begleitet. Ca und Ba  sind auf Grund der Sättigungsdampfdruckwerte ihrer Halogenverbindungen Indikatoren für hohe Temperaturen in der Quelle der Mineralisation.

Die jüngste Erzformation im Erzgebirge ist die Formation „Edle Geschicke“, die frei von Quarz ist. Sie enthält Schalenblende (Sphalerit) mit Ge-Gehalten von 1300 ppm, und als letzte, also jüngste Bildung Argyrodit. Sobald kein Quarz mehr abgeschieden wird, kann Schalenblende die Funktion des Abfangens übernehmen und Ge in das Kristallgitter einbauen und nur wenn Quarz, Silikatminerale und Sphalerit in der Paragenese fehlen, ist der Weg frei für die Bildung von eigenständigen Germaniummineralen.

Die Mineralparagenese der kb-Formation macht also lediglich eine Quelle magmatischer Gase mit den üblichen Hauptbestandteilen in sehr speziellen Konzentrationsverhältnissen im Temperaturbereich granitischer Magmen erforderlich und die Paragenese der „Edlen Geschicke“ eine ebensolche Quelle im Temperaturbereich basaltischer Magmen. Alles andere ist eine Folge geochemischer Gesetzmäßigkeiten einschließlich solcher des CFT. 

Maßgeblicher als hydrothermale Lagerstättenbildung für CFT ist Metasomatose. Metasomatische Prozesse werden von Kreislaufprozessen getragen, die Anreicherungsprozesse besonders effektiv machen. Diesbezügliche Angaben u. a. zur Greisenbildung, Apatit- und Topasgenese finden sich bei Schrön 2013. Die Bearbeitung der Metasomatose als Prozess des CFT ist jedoch noch ganz am Anfang ihrer Entwicklung.

Erhöhte bzw. extrem unterschiedliche Ge-Gehalte in Mineralen sind typisch für CFT. Beispiele für derartige Ge-Gehalte sind kb-Quarze mit 0,7 bis 1,8 ppm, fba-Quarze mit 9-14 ppm (Schrön, Baumann und Rank 1982), Achat mit 0,5-30 ppm (Blankenburg und Schrön 1982), Greisen mit 10 ppm (Schrön 1968), Topas mit 14-30 ppm, Sphalerit mit 2-1300 ppm und Hämatit mit 20-435 ppm (Schrön 1969).



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Abb.1. Die Ge-Gehalte in Magmatiten, Mondgesteinen, Stein- und Eisenmeteoriten. Die gestrichelte Linie kennzeichnet die von der Photosphäre der Sonne abgeleitete mittlere Häufigkeit des Ge im Sonnensystem (Schrön 1989b).


 

 

Fluidite im Bereich der Kosmochemie

Abb. 1 zeigt Ge-Gehalte verschiedener Stein- und Eisenmeteorite. Die außerordentlich breite Differenzierung der Ge-Gehalte in Eisenmeteoriten lässt sich in logischer Konsequenz zu den Ausführungen oben nur mit CFT erklären (Schrön 2013). Germaniumwerte mit einer Spanne von 5 Größenordnungen machen Eisenmeteoriten zur spektakulärsten mineralischen Bildung. Dabei kommt es sowohl zu An- als auch zu Abreicherung von Germanium. Wieder sind es mehrere Halogenverbindungen des Germaniums, die in diesem Fall gemeinsam mit den für CFT typischen Kreislaufprozessen zur direkten Abscheidung der Nickeleisenmeteoriten aus der Gasphase führen. Dem Autor ist kein anderer Prozess bekannt, der zu einer derartigen Differenzierung von Ge in einem Mineral oder Gestein führt.

Abb. 1 zeigt auch, dass die kohligen Chondrite (C Chondrite) erwartungsgemäß am besten mit dem Ge-Durchschnittsgehalt des Sonnensystems übereinstimmen. Mehrere Arten von Steinmeteoriten sowie irdische Gesteine sind gemessen an der mittleren Häufigkeit im Sonnensystems an Ge verarmt.

 

Schlussbemerkung: Die Ge-Gehalte in Mineralen und Gesteinen haben eminente wissenschaftliche Bedeutung. Deshalb ist der Abreicherung von Ge in irdischen Magmatiten und der sehr starken Abreicherung in Mondgesteinen entsprechende Aufmerksamkeit zu widmen. Eine ernst zu nehmende Theorie zur Entstehung des Erdmondes kommt nicht an einer schlüssigen Erklärung des Ge-Gehaltes von Mondgesteinen vorbei.

 

 

Literaturverzeichnis

Literaturzitate s. Forschungsschwerpunkte und Publikationen - Germanium, Quarz, Achat und CFT